Montag, 9. August 2021

Lehmwände für das Alte Pastorenhaus (Teil 1)

Ein Text-Beitrag von Uwe Campe für die Kreiszeitung und Fotos von Bernd Kunze

Das Lehmbauteam: Lars, Hans-Peter, Thekla und Peter

Lehm als Baustoff und Bindemittel wird schon seit undenklichen Zeiten verwendet und gilt zusammen mit Holz als das älteste Baumaterial des Menschen. Entsprechende Techniken sind nach Angaben des online-Lexikons Wikipedia bereits seit 9000 Jahren bekannt und noch heute soll etwa ein Drittel der Menschheit in Lehmhäusern leben.

Auch unsere Vorfahren wussten beide Materialien über viele Jahrhunderte zu nutzen und zu schätzen. In den alten Fachwerkgebäuden bildeten vereinfacht ausgedrückt die Holzbalken deren Skelett, während die jeweiligen Fächer - entweder mit Flechtwerk oder mit Staken versehen - mit Lehm verfüllt wurden.
Es lag daher nahe, bei dem aus dem Jahr 1535 stammenden Alten Pastorenhaus in Martfeld, das im vergangenen Jahr freigelegt und an seinen neuen Standort verrollt worden ist (wir berichteten), Lehm als Baustoff für die Wände zu verwenden, zumal schon erste Befunde gezeigt hatten, dass zumindest an einigen Stellen noch Teile der ursprünglichen Lehmausfachung erhalten geblieben sind. 
Die mit der Restaurierung betraute „Arbeitsgemeinschaft Altes Pastorenhaus“ hat daher auch diesen Arbeitsabschnitt unter Fachbetrieben ausgeschrieben, wobei sie zur Auflage machte, möglichst Rohstoffe aus der Region zu verwenden. Die Firma Restaurum aus Lengerich sah sich hierzu in der Lage und erhielt schließlich den Zuschlag. Firmeninhaber Hans-Peter Poeplau hat sich inzwischen an die praktische Durchführung des Vorhabens gemacht, wobei er mit seinem Kollegen Lars Duve aus Lienen-Kattenvenne sowie Thekla Daniels aus Warpe und Peter Berghoff aus Häuslingen - allesamt erfahrene Lehmbauer - seinerseits eine Arbeitsgemeinschaft bildet.
In einer ganzen Reihe von Kübeln wird der aus dem Bereich der Mittelweser stammende Lehm mit Wasser eingesumpft und mit Kuhdung verrührt. Anschließend wird diese „Soße“ im Zwangsmischer mit Rapsstroh vermengt, um schließlich - wie auf dem Foto gut zu erkennen - als Leichtlehmschicht zwischen den Staken platziert zu werden. 
Diese Stroh-Kuhdung-Lehm-Mischung ist nach Worten von Hans-Peter Poeplau besonders  wetterbeständig. Er freut sich in diesem Zusammenhang sehr über die tatkräftige Unterstützung durch Wilken Rippe aus Eitzendorf, der das benötigte Rapsstroh bereitgestellt und sogar noch kurzfristig zwei weitere Rundballen nachgeliefert hat, sowie die Familie Stubbemann aus Martfeld-Hollen, von deren Biolandhof der Kuhdung stammt. „Das ist hier alles ein großes Gemeinschaftsprojekt und macht für mich seinen besonderen Wert aus“ fügte er hinzu.
Für das weitere Verfüllen der ausgestakten Fächer ist noch etwa eine weitere Woche eingeplant, danach muss die Lehmschicht, deren Bestandteil Kuhdung schon noch dezent zu riechen ist, zunächst einmal etwa anderthalb Monate trocknen. Erst danach kann aussen der Feinputz angebracht werden, der - Originalton des Firmeninhabers - ebenfalls noch „Kohschiet“ enthält.
Innen werden die Wände zunächst mit einer dünnen Dämmschicht thermisch abgekoppelt, anschließend werden heizende Niedervolt-Strommatten in den Lehm verputzt. Zu guter Letzt erhalten die Innenwände noch einen Sumpfkalk-Anstrich.
Wenngleich diese modifizierte Technik nicht mehr ganz den historischen Vorbildern entspricht, hat sie bei entsprechender Wartung und Pflege doch den großen Vorteil, einen dauerhaften Erhalt der Bausubstanz zu gewährleisten.
Die biologischen Vorzüge von Lehm bestehen darin, dass er frei von gesundheitsgefährdenden Stoffen ist, Gerüche aus der Raumluft bindet, als ausgesprochen allergikerfreundlich gilt und die Luftfeuchtigkeit reguliert. Darüber hinaus läßt er sich mit geringem Energieeinsatz aufbereiten, erfreut sich langer Haltbarkeit, ist wartungsfreundlich, konserviert pflanzliche Stoffe und lässt sich zu 100% recyceln, um nur die wichtigsten ökologischen Aspekte aufzuzählen. Er eignet sich daher wie kein anderer Baustoff für das denkmalgerechte Instandsetzen von historischen Fachwerkhäusern, da er – richtig angewendet – das Holz und somit das Tragskelett über lange Zeiträume hinweg gesund hält. „Holz und Lehm sind eine geniale Kombination“ bringt es Hans-Peter Poeplau dann auch ebenso knapp wie präzise auf den Punkt.

Mit dem großen Quirl wird der Lehm der aus der Region stammt,
zu Schlämme verarbeitet

Rapsstroh-Häcksel direkt vom Feld ist die Armierung
und wird dem Lehm die nötige Festigkeit geben
Strohhäcksel, die Ausscheidungen von der Kuh – natürlich vom Bio-Hof –
 und Lehm werden in der Knetmaschine gemischt …
… und fertig ist der Strohleichtlehm
Die Wände sind ausgestakt – fehlt noch der Lehm der die Fächer füllt.
Eine Schalung aus Platten wird innen angebracht
Gleichmäßig und fest muss die Mischung gestopft werden
So sieht's gut aus …

Die Schalung wird nach oben versetzt
gestopft wird von außen








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