Dienstag, 20. Oktober 2020

Was uns das Holz erzählt

 
An einem Freitagnachmittag in Martfeld. 

Was kann Holz schon erzählen? In erster Linie ist es ein Stück vom toten Baum, der irgendwann gefällt wurde. Doch da beginnt bereits die Geschichte. Wie alt ist dieses Stück und warum ist es so immens wichtig sein Alter zu wissen?
Mit „irgendwann gefällt“ gibt sich kein Hausforscher zufrieden. Am Ende des Tages kann ich es verstehen und gehe soweit: … kann kein Hausforscher ohne Nachforschung nachts ruhig schlafen.

Deshalb werden Balken und Ständer im Alten Pastorenhaus von 1535 untersucht.
Anfassen, Löcher im Holz anschauen, überlegen, nachdenken, laut und leise und wieder schauen.
Es spricht einfach nicht ist mein Eindruck. 

Ist das rußversottete Holz ein Teil des Herdrähms von 1535?

„Wenn dieser vom Ruß geschwärzte Balken an dieser Stelle steckte, dann ist klar, dass diese „Stelle“ einen der wichtigsten Plätze im Haus einnimmt: die Feuerstelle!“ wird mir erklärt. "Aber dafür müssen wir sein Alter kennen."

Was wäre das für ein Fund!

Im mitgebrachten Koffer befindet sich weder eine Stulle noch eine Thermoskanne wie ich gehofft hatte. Darin liegen wichtige Instrumente: ein großer Hohlbohrer, Papier und Bleistift und eine längliche Schachtel mit vielen langen Fächern.
 
Nun kommt Bewegung in den Nachmittag denke ich. 

Heinz Riepshoff nimmt eine Holzprobe aus einem Balken der Herdwand.
Mit dem ermittelten Fälldatum lässt sich die Konstruktion einer Bauphase zuordnen.

Eine dendrochronologische Untersuchung findet statt. Mit dem Bohrer wird am Splintholz schräg angesetzt eine Probe aus dem Balken herausgebohrt. Offensichtlich war das Holz härter als ich erwartet hatte, das Bohren zieht sich hin.

Die Probe, die aus dem Innern des Bohrers herausfällt, sieht aus wie ein schmaler Zylinder und wird in der Schachtel aufbewahrt.
 
Mit Nummer versehen und Standort des Balken auf dem Formular beschriftet finden immer mehr Proben ihren Platz in der Schachtel. Wie alt mag die Dendroprobe sein, die ich in meinen Händen hielt, anschaute, mit der Fingerkuppe berührte und schließlich in die Schachtel legte.
Funke übergesprungen – ab heute gibt es eine Person mehr in Martfeld, die sehnsüchtig auf die Auswertung aus dem Labor wartet und nachts nicht schlafen kann…?!
 
„Die Dendroprobe zeigt uns zunächst die Jahresringe mit ihren unterschiedlichen Breiten.“ erfahre ich.
 
Des Weiteren lassen sich über die Breite der Jahresringe gute und schlechte Wachstumsbedingungen erkennen, sowie der Standort Waldrandlage oder Einzelstand, denn bei der Dendrochronologie handelt es sich um die Lehre vom Baumalter.

Im Labor wird die Probe fachgerecht angeschliffen um die Jahresringe genauestens freizulegen.
Als Diagramm dargestellt lassen sich die Proben mit bereits untersuchten vergleichen und so einem Alter zuordnen.

Jetzt heißt es warten auf das Ergebnis und bis dahin schlecht schlafen oder sich mit neuen Herausforderungen am Alten Pastorenhaus von 1535 beschäftigen
Susanne Till 

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